Suchet der Stadt Bestes

Räume können zur Heimat werden - Bürgerzentrum-Mehrgenerationenhaus Forchheim
Bildrechte Kathrin Reif

Der dritte Teil unserer Themenreihe, „Leben braucht Räume“, ist dem Umstand geschuldet, dass unser Leben immer in Räumen stattfindet. Da gibt es beispielsweise den Raum der Natur. Oder die Arbeitswelt. Da sind die Dörfer und Städte, in denen Menschen leben. All diese Lebensräume haben Einfluss auf unser Leben. Sie prägen es – so oder so.

Wenn wir uns in dieser Themenreihe mit den Räumen beschäftigen, in denen wir leben, darf uns Folgendes bewusst werden: Auch in unseren Lebensräumen leuchtet etwas von Gottes Glanz auf. Aber auch das gibt es: Dadurch, wie wir unsere Lebensräume gestalten, können wir Gottes Glanz verdunkeln. Und auch dieses dürfen wir wahrnehmen: Mit unserem Verhalten nehmen wir immer Einfluss auf die Gestalt unserer Lebensräume.

Diese Ausgabe unserer Themenreihe „Leben braucht Räume“ widmet sich dem Sozialraum, in dem wir wohnen. Auch der Lebensraum unseres Stadtteils, unseres Dorfes prägt unser Leben. Darum wollen wir im nachfolgenden Interview mit Sabine Schulenburg (Immobilienmanagerin) einen Blick auf die Wohnungssituation in Forchheim werfen. Weil außerdem das Bürgerzentrum im Forchheimer Norden im April sein zehnjähriges Jubiläum feiert, wollen wir an seinem Beispiel zeigen, dass auch eine Kirchengemeinde dazu beitragen kann, den Sozialraum zu gestalten, in dem sie lebt.                                 

Christian Muschler, Pfarrer in Forchheim Christuskirche

Interview mit Sabine Schulenburg, Immobilienmanagement

Wohnungsbau und Sanierungsgesellschaft der Stadt Forchheim (GWS) 

Frau Schulenburg, wie nehmen Sie die derzeitige Wohnungssituation in Forchheim wahr?

Die Wohnungssituation in Forchheim ist angespannt. Wohnungen im niedrig- und mittelpreisigen Sektor sind schwer zu finden.  Um eine geeignete Wohnung anmieten zu können,  muss man  mehrere Monate suchen.  Bei den Wohnungsunternehmen in Forchheim gibt es lange Wartelisten.

Hat eine Kommune Einfluss auf den Wohnungsmarkt?

Die Kommune kann Einfluss auf den Wohnungsmarkt nehmen, indem sie z. B. vergünstigte Grundstücke für „öffentlich geförderten Wohnungsbau“ zur Verfügung stellt oder nur neue Baugebiete ausweist mit der Auflage, einen Teil der Neubauwohnungen mit öffentlicher Förderung zu errichten. Forchheim unterstützt auch den Neubau  öffentlich geförderter Wohnungen mit einem kommunalen,  zinsverbilligten Darlehen.

Eine Wohnbaugesellschaft hat auch einen sozialen Auftrag. Wie versuchen Sie diesen umzusetzen?

Die GWS (und auch die anderen Wohnungsbaugenossenschaften der Stadt) haben als Ziel: „Für breite Schichten der Bevölkerung bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen“.
Wir versuchen diesen Auftrag zu erfüllen, indem wir bei Neubauten die Wohnungen mit öffentlicher Förderung errichten. Bei Modernisierungen versuchen wir ebenso durch Inanspruchnahme von Fördermitteln (z.B. KfW-Darlehen), die Mieten nach der Modernisierung unter der Miete vergleichbarer Wohnungen auf dem freien Markt zu halten.

Zu Ihren Mietern gehören auch ältere Menschen. Können sie Umbauten in ihrer Wohnung vornehmen lassen, damit diese ihren altersbedingten Bedürfnissen besser entspricht?

Falls es die baulichen Gegebenheiten überhaupt zulassen, können Umbauten in vertretbarem Maße durchgeführt werden. Es gibt auch ein Förderprogramm „Anpassung von Wohnraum an die Belange von Menschen mit Behinderung“, das auch bei Einschränkungen im Alter greift. Ob ein entsprechender Umbau möglich ist, muss im Einzelfall geprüft werden.


Sie haben den Bau des Bürgerzentrums mitgeplant und begleiten seitdem die Arbeit des Bürgerzentrums. Worin sehen Sie die Bedeutung des Bürgerzentrums für den Stadtteil Forchheim-Nord?

Das Bürgerzentrum fördert und unterstützt die Begegnung der Menschen im Quartier, koordiniert die Ehrenamtlichen und das bürgerschaftliche Engagement, ist Anlaufpunkt  und erfüllt den Stadtteiltreff mit Leben. Dass dies vorbildlich gelingt, sieht man an all den Angeboten und Hilfeleistungen, die vom Quartiersmanagement organisiert werden. Ohne die professionelle Leitung des Quartiersbüros wären diese Angebote für alle Altersgruppen im Quartier und darüber hinaus nicht möglich. Wir feiern beim Frühlingsfest am 7. April
„10 Jahre Bürgerzentrum“, und ich wünsche dem Bürgerzentrum auch für die nächsten Jahre weiter so viel Erfolg und Akzeptanz.

Das Interview führte Christian Muschler mit Sabine Schulenburg, Immobilienmanagement, GWS  Wohnungsbau- und Sanierungsgesellschaft der Stadt Forchheim mbH 

Bürgerzentrum-Mehrgenerationenhaus Forchheim
Bildrechte Kathrin Reif

Räume können zur Heimat werden

10 Jahre Bürgerzentrum-Mehrgenerationenhaus Forchheim

Räume können ein Ort der Geborgenheit sein, Räume können ein Gefühl des Zuhauses vermitteln.

Auch das Bürgerzentrum-Mehrgenerationenhaus (BZ-MGH) ist  im Laufe der 10 Jahre seines Bestehens für viele so ein Ort geworden. Eine Besucherin sagte vor kurzem: „Ich komme so oft ins BZ-MGH. Es ist inzwischen schon mein zweites Zuhause“.

Feste Anlaufstelle für viele Bewohner der Stadt Forchheim

Als der Anbau an das Gemeindehaus der Christuskirche 2009 eingeweiht wurde, war die Hoffnung damit verbunden,

  • die fehlenden Strukturen einer Großfamilie ein Stück weit zu ersetzen,
  • das Zusammenleben der unterschiedlichen Generationen zu fördern,
  • den demografischen Wandel zu gestalten
  • das bürgerschaftliche Engagement zu fördern,
  • eine Vermittlungsstelle zu schaffen, um den Alltag leichter zu bewältigen,
  • die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern.

Blickt man nun im Jubiläumsjahr zurück, so kann man erfreut feststellen, dass das BZ-MGH für viele Bewohner der Stadt und des Umlandes, von jungen Familien bis hin zu Hochbetagten, eine feste Anlaufstelle geworden ist.

Interkulturelle Beratungs-, Begegnungs-, Bildungs-  und Serviceeinrichtung für alle Generationen

Unter den rund 40 regelmäßigen Angeboten finden sich zahlreiche Gruppentreffen, bei denen sich die Menschen begegnen und in denen Netzwerke gewachsen sind, die auch im Krankheitsfall tragen. Schüler helfen Senioren in der PC- und Handysprechstunde bei den Herausforderungen, die der digitale Wandel mit sich bringt. Der Alleinstehenden-Treff bietet eine Plattform, um Gleichgesinnte für Freizeitaktivitäten zu finden. Die Ehrenamtsberatung vermittelt Menschen, die sich aktiv um den Zusammenhalt der Gesellschaft bemühen wollen. Integrationslotsen werden ausgebildet und helfen dann den Zugewanderten, sich in Deutschland zurechtzufinden.
Das BZ-MGH hat sich zu einer interkulturellen Beratungs-, Begegnungs-, Bildungs-  und Serviceeinrichtung für alle Generationen entwickelt. Für viele ist sie ein Raum, der für Zusammenhalt steht. Hier sind Ehrenamtliche und Hauptberufliche, die unterstützende und nachbarschaftliche Strukturen schaffen.

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Kathrin Reif, Leiterin des BZ-MGH

Gottes Geist in unserer Stadt -

Gedanken aus Anlass des zehnjährigen Bestehens des Bürgerzentrums-Mehrgenerationenhauses (BZ-MGH)

Als sich vor über zehn Jahren die Stadt Forchheim an den Kirchenvorstand der Christuskirche mit der Frage wandte, ob das geplante Bürgerzentrum auf dem Grund der Gemeinde errichtet werden könnte, begann im Kirchenvorstand ein intensiver Prozess der Entscheidungsfindung. Unterschiedliche Argumente sind ausgetauscht worden. Ein wichtiges Argument war der Hinweis auf das Bibelwort im Buch Jeremia: „Suchet der Stadt Bestes!“
Ich bin dankbar darüber, dass der Kirchenvorstand damals seine Verantwortung erkannt hat und dem Bau des Bürgerzentrums auf dem Grund der Gemeinde Christuskirche zustimmte.

Jede Kommune ist ein Raum, wo Unterschiede zwischen Menschen bestehen.

Da bedarf sie der Bemühung ihrer Bürger, dass aus Unterschieden keine Gräben werden. Auch in dieser Hinsicht haben Kirchengemeinden Gaben, die für das Gemeinwesen segensreich sind. Sie sollten sie ihrer Kommune nicht vorenthalten.

„Suchet der Stadt Bestes!“

Das ist ein wichtiges Argument für ein gemeinwesenorientiertes Engagement einer Gemeinde. Inzwischen sehe ich allerdings eine Gefahr bei diesem Argument. Man könnte nämlich meinen, die Rolle von Kirchengemeinden in der Gemeinwesenarbeit wäre es nur, etwas von ihren Ressourcen der Allgemeinheit zu geben. Aber das ist so nicht richtig. Zehn Jahre Bürgerzentrum lehrten mich: Wo eine Gemeinde sich ins Gemeinwesen einbringt, gibt sie nicht nur. Sie empfängt auch. Das Engagement aller, die sich für das Gemeinwesen einsetzen, ihre Ideen, ihre Lebenserfahrung, bedeuten eine Bereicherung für alle, die sich hier einbringen.

Würde man fragen, wo Gottes Geist erfahrbar ist, würden die Antworten vielleicht lauten: Im Gottesdienst, im Gebet, in der Kirchenmusik. Ich habe aber keinen Zweifel, dass auch der Sozialraum, in dem wir leben, ein Ort ist, wo Gottes Geist wirkt. Überall dort, wo Menschen sich um das Miteinander bemühen, belebt Gottes Geist Menschen.

Zu Beginn meiner Tätigkeit als Pfarrer neigte ich zu der Auffassung, der Gottesdienst sei das Herzstück einer Kirchengemeinde. Mittlerweile bin ich mir da nicht mehr so sicher und meine, dass wir die einzelnen Bereiche unserer Gemeinde nicht gegeneinander ausspielen dürfen. Gottes Geist wirkt im Gottesdienst, beim Gespräch beim Sonntagsfrühstück oder auch in einem Ausschuss des Bürgerzentrums. Halten wir uns Augen und Herz offen, um den Reichtum seines Wirkens wahrzunehmen.

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Christian Muschler, Pfarrer in Forchheim Christuskirche